
Startups spielen eine immer wichtigere Rolle, da sie viele bahnbrechende Innovationen hervorbringen. Die Anzahl von sogenannten „Unicorns“, also Startups mit einem Marktwert von über einer Milliarde Dollar, hat sich in den letzten zehn Jahren stark erhöht – besonders in den USA, aber auch in Deutschland. Diese Erfolge basieren auf Angeboten, die denen etablierter Unternehmen oft überlegen sind.
Welche Rollen spielen Startups in der öffentlichen Beschaffung und wie viele öffentliche Aufträge werden heute an Startups vergeben?
Öffentliche Beschaffung verfolgt das Ziel wirtschaftlicher Bedarfsdeckung – dementsprechend sollte die Beschaffung bei Startups kein Selbstzweck sein. Betrachtet man das Marktsegment und seine Entwicklung im letzten Jahrzehnt genauer, wird allerdings offenkundig: Es ist auch kein Selbstzweck. Immer mehr Innovationen, darunter auch bahnbrechende, “disruptive” Innovationen, stammen von Startups. Auch stark regulierte Bereiche wie der Bankensektor oder die Versicherungswirtschaft wurden durch die Innovationskraft von Startups, insbesondere im FinTech-Bereich, nachhaltig verändert. Hier bieten junge Unternehmen Dienstleistungen an, die schneller und benutzerfreundlicher sind als die herkömmlichen Anbieter. Darüber hinaus dringen Startups in den Verteidigungssektor vor, indem sie Technologien für Cybersicherheit, Drohnensteuerung und Künstliche Intelligenz entwickeln, die staatlichen Akteurinnen und Akteuren helfen, moderne Sicherheitsstrukturen aufzubauen.
Laut dem Bundesverband Deutsche Startups kennzeichnet diese Unternehmen ein geplantes schnelles Wachstum bei Umsatz- und Mitarbeitenden, ein (hoch) innovatives Produkt/Dienstleistung/Geschäftsmodell oder eine ebensolche Technologie und ein maximales Unternehmensalter von zehn Jahren. Startups unterscheiden sich von herkömmlichen Unternehmensgründungen durch ihre Innovationsorientierung und streben, im Gegensatz zu vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs), die organisch und lokal wachsen, eine schnelle Skalierung an. Ihre Produktentwicklung folgt oft dem Prinzip des „Minimal Viable Product“ (MVP), das schnelle Markteinführung und kontinuierliche Verbesserung durch Kundenfeedback ermöglicht. Dieser Ansatz ist für die dynamische Anpassung an Marktveränderungen besonders wichtig. Zudem setzen viele Startups auf „Continuous Delivery“, um ihre Produkte ständig zu aktualisieren und so immer den neuesten Anforderungen gerecht zu werden.
Startup Beschaffungsindex
Bekanntermaßen ist die Zahl der öffentlichen Beschaffungen bei Startups gering - doch gibt es bisher (noch) keine aussagekräftigen Daten dazu. In der Vergabestatistik ist zwar das öffentliche Beschaffungsvolumen bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) erfasst, nicht jedoch das bei Startups. Der Startup Beschaffungsindex und das behördenübergreifende LEAP (Leadership Accelerator Program) stehen im Mittelpunkt der Bemühungen von Staat-up e.V., um die Innovationskraft des öffentlichen Sektors zu stärken.
Der Startup Beschaffungsindex soll eine Einschätzung geben, in welchem Maße Startups heute am gesamten Beschaffungsgeschehen der öffentlichen Hand beteiligt sind und wie sich diese Beteiligung entwickelt. Dafür wertet Staat-up e.V. - in Kooperation mit einem Team um Prof. Christian von Deimling von der Universität der Bundeswehr München - zum einen Daten aus der europäischen Ausschreibungsplattform TED aus. Zum anderen werden öffentliche Vergabestellen motiviert, die Beschaffung innovativer Lösungen aus dem Startup Marktsegment strategisch aufzusetzen und in diesem Zusammenhang den Anteil ihres Beschaffungsvolumens, der über Startups bezogen wird, transparent zu machen. Die akkumulierten Daten bilden den Beschaffungsindex. Inzwischen nehmen die Freie und Hansestadt Hamburg, Dataport sowie der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW am Beschaffungsindex teil und erheben strukturiert Daten zur Beteiligung von Startups an ihren Vergabeverfahren. Am Beschaffungsindex teilnehmende Beschaffungsstellen verfolgen das Ziel, mehr innovative Produkte und Dienstleistungen von Startups zu beschaffen. Sie gehen dabei datenbasiert vor und halten nach, ob sie diesem Ziel tatsächlich näher kommen. Konkrete Unterstützung für den Einstieg in die Beschaffung von Startups und damit verknüpft auch den Beschaffungsindex bietet ab Dezember 2024 das Leadership Accelerator Program.
Leadership Accelerator Program (LEAP)
Das LEAP ergänzt die Ziele des Beschaffungsindex, indem es einen strukturierten Ansatz zur Förderung von Innovationen in der öffentlichen Beschaffung verfolgt. Das 12-monatige Programm richtet sich an Führungskräfte, Projektleitungen und kleine, interdisziplinäre Teams aus der Beschaffung und den Fachabteilungen – es zielt auf die projektbezogene Begleitung von innovativen Beschaffungsvorhaben wie der Ausrichtung einer Innovation Challenge, der Initiierung einer Innovationspartnerschaft oder der strategischen Markterkundung und Anbahnung einer Zusammenarbeit mit einem Startup. Ein zentrales Element von LEAP sind Peer-Mentorings und Workshops, in denen Methodenkompetenz zu agilen Methoden, agiler Führungskultur und Themen der Verwaltungspraxis, insbesondere mit Beschaffungsbezug, vermittelt werden.
Der Startup Beschaffungsindex und das LEAP-Projekt sind komplementäre Ansätze, die darauf abzielen, die Innovationspotenziale in der öffentlichen Beschaffung zu maximieren. Während der Beschaffungsindex Transparenz schafft und Daten zur Beteiligung von Startups bereitstellt, bietet LEAP eine gezielte Unterstützung der Führungskräfte bei der Umsetzung innovativer Beschaffungsprojekte. Zusammen ermöglichen diese Projekte eine nachhaltige Veränderung im Beschaffungswesen und eine Erschließung der Stakeholdergruppe Startups.
Staat-up e.V. ist ein Netzwerk für Beschäftigte des öffentlichen Sektors, das sich zum Ziel gesetzt hat, innovativere Führungskräfte und Gestalterinnen und Gestalter des Wandels zu werden. Das gemeinsame Ziel ist, erfolgreiche Führungs-, Kollaborations- und Innovationspraktiken in die Verwaltung zu überführen und diese kontinuierlich weiterzuentwickeln in der Absicht, Verwaltungshandeln zu modernisieren. Wir sind davon überzeugt, dass die notwendige Veränderung von innen kommen muss - der Fokus liegt also auf einer kulturellen Transformation.
Dabei ist Staat-up deutschlandweit aktiv und hat über 100 Mitglieder aus allen staatlichen Ebenen (Bund, Land, Kommune) sowie Angehörige von Beteiligungsgesellschaften. Über KOINNO wurde der Verein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz beauftragt, das Index-Projekt sowie das LEAP durchzuführen. Das Mitwirken im Verein bietet die Möglichkeit zur eigenen persönlichen und professionellen Entwicklung. Sie möchten Mitglied werden oder mehr über den Verein erfahren? Dann besuchen Sie https://www.staat-up.net/
Dieser Beitrag wurde in der Ausgabe 02/2024 des KOINNOmagazins veröffentlicht.
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